Stadt setzt Investor des Ihme-Zentrums Nachfrist bis Jahresende

Bauruine Ihmezentrum
Bauruine Ihmezentrum

Alternative Standorte für städtische Dienststellen sollen geprüft werden

Nach mehr als einem Jahr Gesprächen über die Zukunft des Ihme-Zentrums betrachtet die Landeshauptstadt Hannover ihre Erwartungen an den Investor als nicht erfüllt. Als Hauptmieter von Büroflächen will die Landeshauptstadt dem Investor jetzt bis Dezember eine letzte Frist für die Sanierungsplanung setzen.

Vorsorglich will die Stadtverwaltung mit der Suche nach alternativen Standorten für die im Ihme-Zentrum untergebrachten Dienststellen starten.

Einen entsprechenden Beschlussvorschlag mit ausführlicher Darstellung des bisherigen Verhandlungsstandes hat die Stadtverwaltung heute (Dienstag, 31. Mai) den Ratsfraktionen übermittelt.

Konkret bittet die Verwaltung den Rat um Zustimmung:

1.  die Mietvertragsverhandlungen mit der Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks GmbH fortzuführen, aber gleichzeitig alternative Standorte für die im Ihme-Zentrum untergebrachten städtischen Dienststellen zu prüfen;

2.  bis Dezember 2016 einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen vorzulegen.

„Im Ihme-Zentrum verbleiben kann die Landeshauptstadt nur dann, wenn eine Sanierung der Bürogebäude und des Umfeldes absehbar und gesichert ist. Hierfür ist ein leistungsfähiger und leistungsbereiter privater Investor zwingende Voraussetzung“, heißt es zur Begründung des unter Federführung von Oberbürgermeister Stefan Schostok erarbeiteten Beschlussvorschlages.

Die Stadtverwaltung wird ihr Vorgehen am Donnerstag, 9. Juni, in einer gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters und des Bezirksrates Linden-Limmer erläutern (13.30 Uhr, Hodlersaal, Rathaus).

Im Ihme-Zentrum ist die Landeshauptstadt Hannover mit insgesamt rund 26.000 Quadratmeter genutzter Fläche für die Beschäftigten der drei Fachbereiche „Senioren“, „Jugend und Familie“ und „Gebäudemanagement“ einer der Hauptmieter. Dazu gehören auch der Kommunale Seniorenservice Hannover (KSH), ein EDV-Datenzentrum und (als Eigentum) eine städtische Kindertagesstätte. Der Hauptmietvertrag läuft bis Ende 2017.

Die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks GmbH hatte im Wege der Zwangsversteigerung ca. 75 Prozent des Ihme-Zentrums erworben. Seither führt die Stadtverwaltung mit dem Investor Verhandlungen über eine Verlängerung der Mietverträge zu den von der Landeshauptstadt angemieteten Flächen.

OB Schostok fordert konkrete Sanierungsschritte

Beim jüngsten Gespräch mit dem Investor am 11. Mai hat Oberbürgermeister Schostok die Position der Stadt noch einmal klargestellt:

„Die Landeshauptstadt ist nach wie vor bereit, als Ankermieterin dazu beizutragen, dass das Ihme-Zentrum für einen Investor wirtschaftlich tragbar ist. Voraussetzung dafür ist allerdings zum einen, dass in den Gebäuden, in denen die städtischen Dienststellen untergebracht sind, durch eine umfassende Sanierung angemessene Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Zum anderen ist das Ihme-Zentrum insgesamt so herzurichten, dass es für Menschen, die dort arbeiten, wohnen oder ein Geschäft, einen Besuch oder eben auch einen Behördengang zu erledigen haben, ansprechend ist.“

Bisher keine Sanierungsarbeiten durch Investor

Bei der Forderung nach Sanierung der städtisch genutzten Flächen konnte bisher lediglich eine Annäherung erzielt werden, dass der Sanierungsbedarf anerkannt wurde. Die Beseitigung der erheblichsten Mängel steht nach wie vor aus.

Bei der zweiten Forderung nach der Sanierung des Ihme-Zentrums insgesamt besteht hingegen keinerlei Verständigung. Die Landeshauptstadt hat deshalb in dem Gespräch am 11. Mai erneut darauf bestanden, dass sie einen konkreten Plan zu den baulichen Maßnahmen und ihrer zeitlichen Umsetzung bekommt. Nur auf dieser Grundlage könnten die Mietverträge verlängert werden.

Vorgelegt wurden bislang aber nur drei Zeichenstudien zur Fassadengestaltung und eine anonymisierte Liste von Einzelhändlern, mit denen der Investor nach eigenen Angaben in Verhandlung steht. Ein weiter ausgearbeitetes Konzept hat der Investor in den seit rund 16 Monaten andauernden Vertragsverhandlungen nicht vorgelegt.

Weitere Kritikpunkte

In dem Gespräch am 11. Mai wurden dem Investor weitere Kritikpunkte an seinem geschäftlichen Handeln verdeutlicht:

  • Die Mängel in den Büroräumen der Landeshauptstadt sind unverändert so erheblich, dass die Miete um ein Fünftel gemindert wird.
  • Die Projektsteuerung (Sitz in Berlin) ist mit den konkreten Problemen nicht vertraut und hat zu dem Vorhaben keinen erkennbaren Bezug entwickelt.
  • Hausgeldforderungen der Eigentümergemeinschaft werden nur mit Säumnis erfüllt.

Unmittelbar nach dem Gespräch hat der Investor einzelne Maßnahmen eingeleitet, die der vorgebrachten Kritik Rechnung tragen sollen:

  • In Abstimmung mit der Wohnungseigentümergemeinschaft wurde ein örtlicher Architekt beauftragt, die Sanierung des Ihme-Zentrums zu planen.
  • Die Mängelbeseitigung bei den städtischen Büroräumen wurde nach Angaben des Investors in Auftrag gegeben.
  • Die Organisation der Projektsteuerung wurde nach Angaben des Investors geändert und offene Forderungen beglichen.

Weiteres Vorgehen

Wie diese jüngste Entwicklung zu bewerten ist, kann derzeit seitens der Stadtverwaltung noch nicht beurteilt werden.

Bei Abwägung aller Umstände schlägt die Stadtverwaltung vor, die Verhandlungen nicht abzubrechen und unverändert einen Verbleib als Hauptmieter im Ihme-Zentrum anzustreben. Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Investor ist es allerdings geboten, andere Immobilien für die städtischen Dienststellen in Betracht zu ziehen.

Da der Mietvertrag über das Gebäude am Ihmeplatz 5 Ende 2017 ausläuft, ist ein Jahr vorher, also bis zum Dezember 2016, zu entscheiden, ob die Landeshauptstadt weiterhin Ankermieterin bleibt.

Statement des Vereins Zukunftswerkstatt Ihmezentrum

„Wir bieten uns als Dialogpartner für alle Seiten an“
Statement der Zukunftswerkstatt Ihmezentrum zu den Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt Hannover und Intown.

Die Verhandlungen zwischen der Landeshauptstadt Hannover und dem Großeigentümer im Ihmezentrum, Intown, sind komplex und uns als Verein Zukunftswerkstatt Ihmezentrum im Detail nicht bekannt. Unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen sind wir jedoch der Meinung, dass die Betrachtungsweise der Landeshauptstadt Hannover als Großmieterin für die Lösung des komplexen Problems zu kurz greift.

Wir bieten daher der Stadt, Intown und allen weiteren Akteuren im Ihmezentrum die Kooperation an.

Durch die Mitglieder, die sowohl Bewohnerinnen und Bewohner, als auch externe Experten aus den Bereichen Architektur, Stadtentwicklung, Wirtschaft, Politik, Kultur und Jura sind, entstünden für die alle Akteure wertvolle Synergien, um das Ihmezentrum nachhaltig, wirtschaftlich solide und mit hoher Lebensqualität zu entwickeln.

Der Verein möchte die gewaltigen Entwicklungspotentiale des Quartiers in den Fokus rücken. Auf Grundlage einer neuen Vision für das Ihmezentrum kann es gelingen, dass das Quartier mit der Umgebung zusammenwächst und dafür die komplexen Zusammenhänge (z. B. Nutzung, Stadtraum, Wegesysteme, Eigentumsrechte, Baurecht, Modernisierungsinvestitionen…) interdisziplinär gelöst werden.

Wir sind bereit, unseren Beitrag für eine nachhaltige, kreative und wirtschaftlich solide Transformation zu leisten und freuen uns auf einen Austausch mit allen Parteien.

Zukunftswerkstatt Ihmezentrum,
vertreten durch
Constantin Alexander, 1. Vereinsvorsitzender
Gerd Runge, 2. Vereinsvorsitzender

SPD-Ratsfraktion unterstützt die Forderung nach einem zukunftsweisenden Konzept für das Ihmezentrum

„Eigentum verpflichtet, und deshalb muss der Investor im Ihmezentrum endlich seinen Verpflichtungen nachkommen und ein tragfähiges Konzept für die Immobilie vorlegen“, erklärt der baupolitische Sprecher der SPD-Ratsfraktion, Ewald Nagel. Es sei nicht hinzunehmen, dass der neue Investor ein Jahr nach dem Erwerb des Ihmezentrums immer noch keinen zukunftsweisenden Vorschlag für dessen Entwicklung vorgelegt habe.

Ewald Nagel führt aus, dass die Landeshauptstadt verschiedenste Vorleistungen erbracht habe, um dem Ihmezentrum eine positive Entwicklung zu ermöglichen. So habe die Stadt den Uferweg und den Küchengartenplatz neu gestaltet. Dort sei die Fußgängerbrücke abgetragen worden, um den Eingangsbereich des Ihmezentrums aufzuwerten. Mit der Sanierung der Blumenauer Straße habe die Stadt schließlich dem Investor neue Optionen zur Gestaltung der Basisgeschosse eröffnet. Vor allem habe sie als Ankermieter dem Investor ein Mindestmaß an Planungssicherheit geboten. Diese Sicherheiten habe der Investor, die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks-GmbH, bislang nicht goutiert. Es seien am Ihmezentrum keinerlei Fortschritte zu erkennen: „Wir erkennen dort noch nicht einmal den Ansatz einer Idee“, so Nagel, obwohl weitere Sanierungsmittel aus dem Programm „Stadtumbau West“ zur Verfügung stünden.

Die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Christine Kastning, begrüßt es, dass die Stadtverwaltung nun Transparenz über den bisherigen Verhandlungsstand herstellt: „Das Gutachten über das Ihmezentrum zeigt deutlich, dass die notwendigen Investitionen die Mittel der Stadt maßlos übersteigen würden.“ Entsprechende Forderungen, wie sie mehrfach auch von Seiten der Ratsopposition erhoben worden sind, weise die SPD-Ratsfraktion klar zurück. „Das Geld, das für eine Entwicklung der Immobilie aufgebracht werden müsste, brauchen wir für andere Infrastrukturmaßnahmen in Hannover, etwa für Bildung und für den Wohnungsbau“, erläutert Christine Kastning. Die SPD-Ratsfraktion hofft, dass der Investor nun endlich tätig wird und entscheidende Schritte für die Entwicklung des Ihmezentrums einleitet.

Bildnachweis: Achim Brandau